Aktive, latente und passive Kandidaten – was bedeutet das für Ihr Recruiting?

Wer sich mit Mitarbeitergewinnung auseinander setzt, wird früher oder später auf die Begriffe aktiv und latent suchende sowie passive Kandidaten stoßen. So teilt die Recruitingwelt die Zielgruppe ein. Auch XING fordert seine Mitglieder auf, sich einer dieser Zielgruppen zuzuordnen. So kann im Profil hinterlegt werden, ob man „aktiv auf Jobsuche“ ist, ob man nicht aktiv sucht aber „offen für Angebote“ ist oder keine (Job-)Angebote erhalten möchte. Natürlich gibt es in XING die Möglichkeit, diese Information nur für Recruiter freizuschalten, um den aktuellen Arbeitgeber nicht hellhörig zu machen.

Die Suche nach aktuell belegbaren Zahlen für die Einteilung des Arbeitsmarktes in diese drei Gruppen gestaltet sich schwierig. Die „Talent Trends“-Studie von LinkedIn kommt zu dem Schluss, dass in Deutschland 32 % der Arbeitnehmer aktiv auf Stellensuche sind, 56 % der Kandidaten nicht aktiv suchen, aber offen für Angebote sind, und 12 % gar kein Interesse an Angeboten haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Dannhäuser (Praxishandbuch Social Media Recruiting, Axel Springer Verlag 2020): ca. 10 % der Kandidaten auf der Plattform XING sind aktiv auf der Suche, 30 % sind nicht auf der Suche aber offen für Angebote und 60 % sind passiv, lassen sich dennoch häufig für ein Jobangebot oder ein Gespräch gewinnen.

Was bedeutet diese Einteilung für die Suche nach neuen Mitarbeitern?

Eine Stellenanzeige – egal wie passgenau sie formuliert ist und wie optimal sie in den verschiedenen Kanälen veröffentlicht wird, erreicht nur die aktiv suchenden Kandidaten. Mit ein bisschen Glück zusätzlich noch ein paar latent suchende Kandidaten, die einen „Job Alert“ geschalten haben und so passende Anzeigen z. B. per E-Mail geschickt bekommen und diese dann auch tatsächlich anschauen. Eine realitätsgetreue Zuteilung der potenziellen Kandidaten zu den drei Gruppen ist unmöglich. Sie sieht zudem für jede Position anders aus, verschiebt sich kontinuierlich und kann nur über Stichproben erfragt werden. Dennoch genügt die Tendenz, um zu erkennen: Mit einer Stellenanzeige erreicht man nur einen kleinen Teil der möglichen Kandidaten. Zwar ist dies meist der einfachste Weg, unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass sich aktiv suchende Kandidaten häufig sehr breit am Markt bewerben und somit nicht immer die passenden Bewerber sind. Die selbst vorselektierten und aktiv angesprochenen Kandidaten sind qualitativ häufig die besseren und somit lohnt sich dann auch ein vergleichsweise größerer Aufwand.

Der demografische Wandel und der daraus folgende Fachkräftemangel sind seit Jahren präsent. Inzwischen ist aus dem Fachkräftemangel ein allgemeiner Arbeitskräftemangel geworden. Kein Unternehmen und erst recht kein mittelständisches Unternehmen, das häufig zu den Hidden Champions gehört, kann sich erlauben, nur den einen oder den anderen Weg zu gehen. Im Idealfall werden alle Kategorien der Zielgruppe bedient, um dem Recruiting die maximale Erfolgschance einzuräumen. Somit finden wir uns in einem Mix aus Stellenanzeige für die aktiv suchenden Kandidaten und dem Active Sourcing bzw. der klassischen Direktansprache für die latenten und passiven Kandidaten. Dieser Mix führt unserer Erfahrung nach zum idealen Besetzungserfolg.

Latente und passive Kandidaten ansprechen ist eine Königsdisziplin, die viel vertriebliches Geschick erfordert

Bevor die aktive Ansprache von potenziellen Kandidaten erfolgreich gelingen kann, muss die Sichtweise der potenziellen Bewerber eingenommen werden. Für uns ist es zum Alltag geworden, dass der Bewerber seine Forderungen und Vorstellungen offen und oft sehr frühzeitig kommuniziert. Das ist vollkommen nachvollziehbar. Wieso sollte ein potenzieller Kandidat, der mit seinem aktuellen Arbeitgeber zufrieden ist, seinen Job wechseln? Er ist nur dann wechselwillig, wenn das Angebot als Gesamtpaket für ihn ein besseres ist und dabei entscheidet er selbst in welchen Punkten – ob Fahrweg, Home-Office, Karrierechancen, Gehalt, Unternehmenskultur o. ä.

Das heißt konkret: In der Bewerber-Kommunikation muss umgedacht werden. Die Bedürfnisse der Kandidaten müssen in den Mittelpunkt gestellt werden und der zu erwartende Mehrwert für den Kandidaten muss in der aktiven Kandidatenansprache „verkauft“ werden. Deshalb sollte im Vorfeld genau überlegt werden, wer die Zielgruppe ist, welche Bedürfnisse sie hat und welcher „Köder“ ihr schmeckt. Wie im Vertrieb gilt auch bei der Mitarbeitergewinnung: Eine gute Vorbereitung sind 80 % des Erfolgs.

Wenn wir Sie bei der Mitarbeitergewinnung unterstützen können, melden Sie sich bei unseren Experten der RWT Personalberatung, die Sie gerne beraten.

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Ausgabe 09/2022